Bericht zur LAKS-Zentrenfahrt 2025
Kulturtour durch fünf soziokulturelle Zentren in Baden-Württemberg
Im Juli 2025 lud die LAKS Baden-Württemberg zu einer zweitägigen Kulturtour durch fünf soziokulturelle Zentren ein – von Esslingen über Reutlingen, Sigmaringen und Friedrichshafen bis nach Radolfzell. Ziel war es, die Vielfalt und Arbeitsrealitäten der Zentren kennenzulernen, Erfahrungen auszutauschen und sich über aktuelle Herausforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten zu informieren. Das Angebot wurde rege angenommen: Der Reisebus war mit knapp 50 Teilnehmer*innen aus 22 Mitgliedszentren voll besetzt.
1. Station: Dieselstrasse – Esslingen
Die Reise begann am 8. Juli im Kulturzentrum Dieselstrasse in Esslingen. Geschäftsführerin Maren Weber und die Vorstände Wolfgang Hinz-Rommel und Alexander Engelmann präsentierten die Programmarbeit ihres Hauses und sprachen offen über die Herausforderungen ehrenamtlicher Kulturarbeit. Der Geschäftsführer der LAKS, Siegfried Dittler, begrüßte die Mitreisenden – darunter auch Vertreterinnen des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst.
2. Station: franz.K – Reutlingen
Weiter ging es ins franz.K nach Reutlingen. Die Geschäftsführerinnen Claudia Heldt und Sarah Petrasch mit ihrem Team führten durch das ehemalige französische Kino sowie über das Open-Air-Gelände „Echazhafen“. Das Gelände war während der Pandemie mit hohem Einsatz ausgebaut worden und bietet heute eine große Bühne für Veranstaltungen unter freiem Himmel. Trotz erfolgreicher Arbeit stehen dem Zentrum strukturelle Herausforderungen bevor: Neben Investitionen in die Gastronomie stellt eine mögliche Straßenbahntrasse über das Gelände eine konkrete Gefährdung des Echazhafens dar.
Beim anschließenden Mittagsimbiss wurde der kollegiale Austausch vertieft. Themen wie Veranstaltungsplanung, Künstlervermittlung und Erfahrungen mit Förderanträgen standen im Mittelpunkt der Gespräche.
3. Station: Alter Schlachthof – Sigmaringen
Nach einer landschaftlich reizvollen Fahrt durch die Schwäbische Alb ging es weiter zu den Ateliers im Alten Schlachthof in Sigmaringen. Die ausschließlich ehrenamtlich organisierte Initiative empfing die Gäste mit Livemusik im Innenhof. Vorständin Hanna Stauß stellte das Zentrum und dessen Projekte vor. Bei Führungen durch die Ateliers, Werkstätten und Veranstaltungsräume zeigte sich, mit wie viel Eigenleistung und Engagement hier ein vielfältiges Kulturprogramm entwickelt wird.
Auch die Verpflegung war liebevoll vorbereitet – gegrillt wurde passend zum Ort des Geschehens: mit vegetarischen und veganen Optionen. Die Atmosphäre mit wärmendem Lagerfeuer bot erneut Raum für vertiefte Gespräche und Vernetzung.
Am Abend berichteten mehrere Teilnehmende von ihren persönlichen Zugängen zur Soziokultur:
Daniel von der Maschinenfabrik Heilbronn betonte, dass sich viele Zentren – ob groß oder klein – mit ähnlichen politischen und strukturellen Hürden konfrontiert sehen.
Muriel von der Tanz- und Theaterwerkstatt in Ludwigsburg hob hervor, wie stark Teamarbeit auf Augenhöhe in allen besuchten Häusern gelebt wird.
Hanna schilderte, wie sie durch ein Konzert im Alten Schlachthof erstmals auf das Zentrum aufmerksam wurde und sich dort inzwischen im Vorstand engagiert.
4. Station: Caserne – Friedrichshafen
Am nächsten Tag führte die Tour zur Caserne in Friedrichshafen – einem großen Gebäudeensemble mit erheblichem Sanierungsbedarf. Geschäftsführer Klaus-Michael Haydt präsentierte die Programmarbeit, die über das Zentrum hinaus bis an den Bodensee reicht, u.a. mit den FN:Pop-Konzerten. Eine Initiative, die in unmittelbarer Nähe mit Bauwagen Wohn- und Kulturraum für Studierende schafft, wurde ebenfalls vorgestellt. Trotz starker inhaltlicher Arbeit fehlt es an Mitteln für die dringend nötige Sanierung und Nutzung aller Räume der ehemaligen Caserne.
Bei Pizza aus der hauseigenen Gastronomie ging der Austausch weiter: über kreative Beteiligungsformate, Förderpolitik und den Umgang mit Kommunalpolitik.
Weitere Stimmen aus der Reisegruppe:
Stephanie, heute beim Nellie Nashorn in Lörrach, war überrascht vom hohen Anteil ehrenamtlich geführter Häuser.
Christian berichtete von seinem Verein für angewandte Lebensfreude, der aus einem Festival entstand und heute Kulturprogramme sowie soziale Projekte miteinander verbindet.
Alex vom E-Werk in Freiburg betonte, wie unterschiedlich Soziokultur vor Ort interpretiert wird – und wie organisch Programme aus dem jeweiligen Hauskontext wachsen.
5. Station: Zeller Kultur – Radolfzell
Letzte Station war die Zeller Kultur in Radolfzell. In einer ehemaligen Schreinerei, die Schritt für Schritt umgebaut wird, organisiert ein rein ehrenamtliches Team ein vielfältiges Kulturprogramm mit Theater, Konzerten und Lesungen. Die Vorstände Waltraud Rasch und Kai Eberhard berichteten vom gelungenen Generationenwechsel und dem Engagement junger Mitglieder. Die Reisegruppe wurde herzlich empfangen, bei Kaffee und Kuchen war nochmals Gelegenheit für Gespräche.
Ausklang in Esslingen
Zurück in Esslingen fand die Tour ihren Abschluss beim „Parklückenfestival“ der Dieselstrasse – mit Musik und entspannter Atmosphäre im Freien.
Fazit: Soziokultur lebt vom Engagement – braucht aber verlässliche Strukturen
Die zweitägige Reise zeigte eindrucksvoll die Vielfalt und Relevanz Soziokultureller Zentren in Baden-Württemberg. Trotz sehr unterschiedlicher Größen, Strukturen und Programmschwerpunkte teilen alle besuchten Einrichtungen zentrale Merkmale: ein hohes Maß an Eigeninitiative, flache Hierarchien, partizipative Arbeitsweisen – und große Herausforderungen, insbesondere im Bereich der Finanzierung, Infrastruktur und politischen Anerkennung.
Soziokultur ist kein starres Modell, sondern ein flexibles Prinzip: Sie entsteht aus dem Ort, den Menschen und den Bedürfnissen, die vor Ort sichtbar werden. Sie ermöglicht kulturelle Teilhabe, schafft Räume für Begegnung und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Reise verdeutlichte: Dieses Engagement verdient weiterhin eine langfristige Unterstützung, Wertschätzung – und verbesserte Rahmenbedingungen.